Mind-Spring
Deutschlernen und Arbeitssuche, Identitäten zwischen alter und neuer Heimat, Ausgrenzung und rassistische Gewalterfahrungen – geflüchtete Menschen und Migrant*innen haben aufgrund ihrer Lebensumstände ein erhöhtes Risiko, psychisch zu erkranken. Aktuelle Forschungsergebnisse wie die RESPOND-Studie bestätigen erneut das Ausmaß der ‚Versorgungslücke Psyche‘: neben dem therapeutischen Angebot fehlen nach wie vor niedrigschwellige Präventivangebote, die vulnerablen Zielgruppen in ihrer Lebenswelt auf Augenhöhe begegnen.
Mit dem Mind-Spring-Programm unterstützt die Stiftung für gesundheitliche Prävention Baden-Württemberg aus Mitteln der gesetzlichen Krankenkassen Baden-Württemberg gemäß § 20a SGB V gemeinsam mit dem Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg aus Mitteln des Landes Baden-Württemberg einen innovativen Ansatz zur Verbesserung der Versorgungslage in den drei Projektlandkreisen Böblingen, Enzkreis und Ostalbkreis. Dort leiten Menschen mit eigener Migrationserfahrung als ausgebildete Trainer*innen psychoedukative Gruppenkurse an: In der Flüchtlingsunterkunft, nach der Sprachschulklasse oder im Gemeindehaus treffen sich vier bis zwölf Menschen. Sie sprechen in ihrer Muttersprache vertrauensvoll über die wichtigen Fragen des Lebens in der neuen Heimat. Was sind Symptome eines Traumas, und wo findet man dann Hilfe? Wie kann ich mit Stress im Alltag umgehen? Welche Ressourcen kann ich bei mir (neu) entdecken, welche Strategien kann ich von anderen lernen? Wie beeinflussen meine Gedanken meine Gefühle? Was bedeutet es, über Verlorenes zu trauern – und welche neue Identität kann ich wachsen lassen? Sieben Workshops in fester Reihenfolge bauen thematisch aufeinander auf, danach wählt die Gruppe für zwei Termine aus verschiedenen Vorschlägen.
Stets als Ansprechperson dabei: eine Co-Trainer*in mit professionellem Hintergrund. Dass diese die Kurssprache nicht beherrschen muss, ist Teil des Konzepts. Bei den Übungen zu Beginn und Schluss jedes Kurstermins mitzumachen ist aber auch für sie einfach. Ob Trauma-Tapping oder Atemübung, das Einbeziehen von Körperempfindungen verankert Wissensvermittlung und Gruppendiskussion ganz unmittelbar im Handeln. Dieser Fokus auf gesundheitliches Empowerment bewegt nicht nur Teilnehmende, sondern auch die Trainer*innen selbst. Ihr Feedback ist eindeutig: die Förderung von Schutz- und der Abbau von Risikofaktoren gelingt am besten in einem transkulturell sensiblen Setting, in dem sich Migrant*innen und Menschen mit Fluchterfahrung als unterstützende Gemeinschaft begegnen.
Ursprünglich für die Arbeit in akuten humanitären Situationen entwickelt, ist das Mind-Spring-Konzept in mehreren EU-Staaten seit Jahren erfolgreich im Einsatz. Für die Adaption und Weiterentwicklung im deutschen Kontext ist die aus Fördermitteln eigens eingerichtete Koordinationsstelle im Gesundheitsamt Enzkreis zuständig. Besonderen Wert in der Projektentwicklung hat die Etablierung einer ‚community of practice‘, sowohl im Austausch der Trainer-&Co-Trainer*innen als auch bei der Zusammenarbeit der Mind-Spring-Landkreise. Gemeinsam verfolgen alle Beteiligten ein Ziel: ein selbstbestimmtes, psychisch starkes Leben in der neuen Heimat - für alle Geflüchteten und Migrant*innen.
Eine eigene Website ist aktuell in Arbeit. Weitere Informationen erhalten Sie solange auf den Websites der Projektlandkreise Böblingen (Link-URL: https://www.lrabb.de/site/LRA-BB-2018/node/18290861) und Enzkreis (Link-URL: https://www.enzkreis.de/Bauen-Naturschutz-Umwelt-Gesundheit-und-Infrastruktur/Gesundheitsamt/MindSpring.php oder direkt bei der Landkreisübergreifenden Koordinationsstelle:
Konstantin Orizaris
Koordinator Mind-Spring - Gesundheitsamt
07231/308-9763
konstantin.orizaris@enzkreis.de